
Was machen die Favoriten?
Straucheln und trotzdem weiterkommen. Zumindest gilt das für die beiden im Vorfeld am stärksten eingeschätzten Nationen Japan und Südkorea. Während Rekord-Sieger Japan in seiner Gruppe überraschend dem Irak den Vortritt lassen musste, bekamen die Südkoreaner im dritten Gruppenspiel gegen Malaysia in der fünfzehnten Minute der Nachspielzeit noch den Ausgleichstreffer zum 3:3. Nachdem die „Tigers of Asia“ schon zuvor gegen Jordanien nur einen Punkt geholt hatten, belegten sie in Gruppe E den zweiten Platz hinter Bahrain.
Heute Nachmittag geht es für Jürgen Klinsmanns Team im Achtelfinal-Kracher gegen Saudi-Arabien. Der Ex-Bundestrainer hatte vor dem Turnier selbstbewusst den Titelgewinn als einzig mögliches Ziel ausgegeben. Sollten die Südkoreaner trotzdem vorzeitig ausscheiden, können sich die Fans immerhin auf die baldige Veröffentlichung der „Klinsi-Tagebücher, Volume 2“ freuen. Welchen Mehrwert wohl Heung-min Son hat? Und wie heißt eigentlich das südkoreanische Pendant zur Sport Bild?
Welches Team ist die größte Überraschung?
Tadschikistan ist ein Binnenstaat in Zentralasien, hat etwa zehn Millionen Einwohner und grenzt an Kirgisistan, China, Afghanistan und Usbekistan. Die Hauptstadt heißt Duschanbe, eine eigene Nationalmannschaft haben die Tadschiken erst seit der Unabhängigkeit von der Sowjetunion 1992.
Schon die Qualifikation für den Asien-Cup war ein großer Erfolg für das Land, das sich zuvor für kein großes Turnier hatte qualifizieren können. Umso größer die Sensation, dass der Debütant jetzt sogar im Viertelfinale steht, nach einem hochdramatischen Elfmeterschießen gegen die Vereinigten Arabischen Emirate. Der Achtelfinal-Gegner rangierte in der FIFA-Weltrangliste immerhin 42 Plätze vor den Zentralasiaten.
Der bekannteste Name der tadschikischen Mannschaft findet sich nicht im Spielerkader, sondern auf der Trainerbank: Petar Segrt, 57 Jahre alter Kroate, hat seine Spielerkarriere in der baden-württembergischen Provinz verbracht (u.a. FV Plochingen, FC Walldorf, Waldhof Mannheim Amateure), später war er als Co-Trainer bei Bochum und Duisburg tätig. Bevor er 2022 nach Tadschikistan kam, trainierte Segrt, der auch als Dragoslav Stepanovic-Lookalike durchgehen könnte, schon die Nationalteams von Georgien, Afghanistan und den Malediven.
Im Viertelfinale wartet auf den Weltenbummler ein weiteres Überraschungsteam: Jordanien, das sich in einem packenden Achtelfinal-Duell gegen den Irak durchsetzen konnte.
Was war die kurioseste Szene?
Der Irak ging mit der makellosen Vorrundenbilanz von drei Siegen aus drei Spielen in die Partie gegen die Jordanier, die sich als einer der vier besten Gruppendritten gerade so für die nächste Runde qualifiziert hatten. Entsprechend klar waren die Rollen verteilt, als beide Teams im Khalifa International Stadium aufeinandertrafen.
Der Erfolg des Underdogs war allerdings nicht das einzige Thema, das nach dem 2:3 für Gesprächsstoff sorgte. Iraks Mittelstürmer Ayman Hussein traf in der 76. Minute zur zwischenzeitlichen 2:1‑Führung, das Spiel schien für einen Moment wieder in Richtung Favoritensieg zu kippen. Hussein feierte seinen Treffer, indem er sich im Schneidersitz auf den Rasen setzte und so tat, als würde er mit den Händen eine Mahlzeit zu sich nehmen. Eine Anspielung auf den jordanischen Torjubel beim Führungstreffer, als sich gleich fünf Spieler im Kreis versammelt und eine Essensgeste nachgeahmt hatten.
Für die Jordanier blieb der ausgefallene Jubel folgenlos, Husseins Imitation bewertete Schiedsrichter Alireza Faghani hingegen als Unsportlichkeit, die mit einer Gelbe Karte geahndet wurde.
Dummerweise hatte Iraks Torjäger schon gelb, flog in der Folge also vom Platz. Mit einem Mann Überzahl konnten die Jordanier das Spiel schließlich noch drehen. Abzuwarten bleibt, welche jordanischen Torjubel wir noch zu sehen bekommen. Nachmachen wird ihnen die dann sicherlich niemand.
Wie läuft das Turnier aus deutscher Sicht?
Zwölf Spieler aus fünf Teilnehmernationen stehen in Deutschland unter Vertrag. Darunter sind prominente Namen wie St. Paulis australischer Kapitän Jackson Irvine oder Bayerns koreanischer Verteidiger Min-jae Kim, aber auch ein Spieler, der seinen Fußball-Alltag in der fünftklassigen Bayernliga Nord verbringt: Michael Udebuluzor, 19 Jahre altes Nachwuchstalent vom FC Ingolstadt II, kam für Hongkong in allen drei Gruppenspielen zum Einsatz. Udebuluzors nigerianischer Vater Cornelius ging einst als Fußballprofi in die Hongkong Premier League, Sohn Michael wurde in der ehemaligen britischen Kolonie geboren.
Mit dem Ziel es ebenfalls zum Fußballprofi zu schaffen, zog es den Junior als 14-Jährigen ins bayerische Bad Aibling, wo er die Fußballschule besuchte und vom FC Ingolstadt entdeckt wurde.
Udebuluzor ist mit Hongkong zwar schon nach der Vorrunde ausgeschieden. Seinen Mannschaftskameraden in Oberbayern, mit denen er bald gegen die SpVgg Hankofen und den TSV Neudrossenfeld antritt, wird er trotzdem einiges zu berichten haben.
Ebenfalls schon zurück nach Deutschland ging es für den gebürtigen Essener Youssef Amyn, Linksaußen in der irakischen Nationalmannschaft und bei Eintracht Braunschweig.
Noch im Titelrennen dabei ist Min-jae Kim, was man bei seinem Münchner Arbeitgeber wohl mit gemischten Gefühlen sieht. Beim FC Bayern verzichten sie wegen der sich immer weiter verschärfenden Verletztensituation höchst ungern auf den 27-Jährigen, der auch bei Südkorea unumstrittene Stammkraft ist.
Ähnliches gilt für den 1. FC St.Pauli: Jackson Irvine zieht die Fäden in Australiens Mittelfeld und hatte mit seinen zwei Treffern entscheidenden Anteil daran, dass die „Socceroos“, bei denen mit Conor Metcalfe ein weiter St.Pauli-Spieler im Kader steht, das Viertelfinale erreichten.
Dort könnten die Australier wiederum auf Südkorea treffen, bei denen neben Kim auch Stuttgarts Woo-yeong Jeong und Jae-sung Lee von Mainz 05 spielen.
Welches war der rührendste Moment der Vorrunde?
Zum Abschluss noch was fürs Herz: Nach dem 1:0 gegen Indien, mit dem die syrische Mannschaft zum ersten Mal überhaupt ins Achtelfinale des Asien-Cups eingezogen war, wurden sowohl der syrische Dolmetscher als auch der TV-Reporter beim Interview mit Coach Héctor Cúper von ihren Emotionen überwältigt.
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