Fünfmal Startelf, viermal über die volle Distanz, ein Tor, ein Assist – Daley Blind war ein Führungsspieler in der niederländischen Nationalmannschaft bei der WM in Katar. Es ist fast schon komisch, dass es trotzdem anscheinend kaum prominente Anfragen für den chronisch unterschätzten und ablösefreien Niederländer gab. Jetzt schlagen die Bayern zu. Das mag auf den ersten Blick verwundern. Und doch haben die Münchner so die perfekte Lösung für ein echtes Problem gefunden.
Denn Lucas Hernandez wird mit einem Kreuzbandriss mindestens bis zum Sommer fehlen. Genauso gestaltet sich auch der Vertrag von Daley Blind: Er unterschreibt bis Saisonende. Laut „De Telegraph“ soll es auch eine Option auf ein weiteres Jahr geben. Das dementieren andere Medien. Dazu passt das Timing: Blind kann nach seiner Verpflichtung direkt am 6. Januar mit ins Trainingslager nach Katar fliegen.

Vertragsauflösung bei Ajax
Hinter dem Niederländer liegt eine enttäuschende Hinrunde bei Ajax Amsterdam, in der Trainer Alfred Schreuder immer weniger auf den 32-Jährigen setzte. Dann löste der Verein den Vertrag mit Blind kurz nach Weihnachten auf – zur Empörung der Ajax-Anhänger. „So hatte ich mir mein Ende bei Ajax nicht vorgestellt, aber aufgrund von einigen Umständen ist es so gelaufen“, zeigte sich die Ajax-Ikone sichtlich enttäuscht. Schließlich machte der gebürtige Amsterdamer stolze 333 Pflichtspiele für seinen Heimatverein. Die Top Ten der Rekordspieler verpasste er nur um vier Einsätze.
Umso größer dürfte die Motivation bei Blind sein, bei den Bayern auf Top-Niveau nochmal seine Qualitäten zu zeigen. Der untergeordneten Rolle, die er in München spielen wird, wird er sich bewusst sein. Aber: Warum setzen die Bayern überhaupt auf den in die Jahre gekommenen Niederländer?
„Antwort auf Phillip Lahm“
Vor allem auf Grund der dünnen Personaldecke. Mit Alphonso Davies hat Julian Nagelsmann nur noch einen nominellen Linksverteidiger im Aufgebot. Noussair Mazzroui spielte diese Rolle zwar bei der WM, ist aber auf der rechten Seite vorgesehen. Genauso wie Josip Stanisic, der zudem bislang noch nicht dauerhaft auf dem gewünschten Niveau spielt. Diese Lücke schließt Blind, der bei der WM als linker Schienenspieler und bei Ajax meistens als Linksverteidiger agierte.
Darüber hinaus ist er noch in der Innenverteidigung und im defensiven Mittelfeld einsetzbar. Auf letzterer Position haben die Bayern zwar keinen Bedarf. Doch auch die zentrale Defensive ist mit Dayot Upamecano, Matthijs de Ligt und dem launischen Benjamin Pavard eher dünn besetzt.
Aufgrund seiner Flexibilität und der enormen Spielintelligenz wurde Blind nicht umsonst bei der WM 2014 von den heimischen Medien als „die niederländische Antwort auf Philipp Lahm“ betitelt. Auch während seiner Zeit bei Manchester United pendelte er zwischen der linken Außenbahn und der Innenverteidigung.
Vergleich mit Lucas Hernandez
Oft wird Blind ein enormes Spielverständnis attestiert. Als Linksverteidiger beteiligt er sich vergleichsweise viel am Spielaufbau, rückt dafür auch immer wieder ins Zentrum ein und beherrscht das Kombinationsspiel auf engem Raum genau wie den langen Ball – man erinnere sich nur an diesen Traumball auf Robin van Persie bei der WM 2014.
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Und zieht man die Statistiken von fbref.com der Saison 2021/22, in der sowohl Hernandez als auch Blind Stammspieler waren, hinzu, zeigt sich: Blind ist eine echte Passmaschine und spielt im Schnitt 83,1 erfolgreiche Pässe pro 90 Minuten, bei Hernandez sind es 78,9.
Jedoch hat der Franzose eine bessere Passquote – Blind spielt dafür mehr raumgreifende Risikopässe. Dazu hat der Niederländer mehr Ballkontakte. Defensiv ist er aber lange nicht so aggressiv wie der wild tacklende Bayern-Rekordtransfer, der sich klar über seine defensiven Stärken definiert.
Drei Ajax-Bekannte
Blind ist also kein reiner Eins-zu-eins-Ersatz für Hernandez, sondern eine spielstarke Vertretung auf Zeit. Die die angespannte Personalsituation der Bayern, vor allem in der Bundesliga, entspannen dürfte.
Und Blind trifft in München auf gleich drei alte Ajax-Bekannte: Matthijs de Ligt, Noussair Mazraoui und Ryan Gravenberch. In der Saison 2018/19 verzauberten sie gemeinsam Europa, warfen Real Madrid aus der Champions League und scheiterten erst im Halbfinale dramatisch an Tottenham Hotspur. Ein gutes Omen?
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